Das Projekt

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“Vor einigen Jahren habe ich ein Buch über die nationalsozialistischen Bücherverbrennungen gelesen. Neben der Zahl der Schriftsteller, hat auch die große Anzahl der Städte, in denen Bücherverbrennungen stattgefunden haben, mein Interesse geweckt, mich weiter mit dem Thema zu befassen. Dabei habe ich festgestellt, dass es allein in Berlin an mindestens drei Orten Bücherverbrennungen gegeben hat. Die Tatsache, dass es an kaum einem der Orte der Bücherverbrennungen Gedenktafeln, oder andere Hinweise gibt, und meine Leidenschaft für Bücher von einigen Autoren, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, brachten mich zu dem Entschluss, ein fotografisches Projekt zu entwickeln. Ich wollte diese Orte dokumentieren und wissen, wie es heute dort aussieht. Für mich stellte sich die Frage: Betrachten wir die Plätze anders, wenn wir um deren Geschichte wissen?”  Jan Schenck – Initiator des Projekts Verbrannte Orte

Geschichtlicher Hintergrund

Schon drei Monate nach ihrer Machtübernahme begannen die Nationalsozialisten mit der Ausübung von Einschüchterungspraktiken. Ein Höhepunkt bildete die Erstellung der “Liste des undeutschen Geist“, auf der sich 131 Autoren befanden. Bücher dieser Autoren wurden am 10. Mai 1933 auf öffentlichen Plätzen, in mehr als 20 Städten, verbrannt. Dies wurde als „Aktion wider den undeutschen Geist“ bekannt. Diese Aktion und die Verbrennungen wurden aus dem Kreise der Deutschen Studentenschaft zentral organisiert. Neben der systematischen und zentral organisierten Verbrennung gab es an vielen Orten weitere Bücherverbrennungen, welche von lokalen Akteuren organisiert wurden.

Bereits im März 1933 kam es in vielen deutschen Städten zu Bücherverbrennungen. In dieser Phase wurden sie hauptsächlich als Mittel der Einschüchterung gegen die politischen Gegner verwendet. So kam es nach Plünderungen, Durchsuchungen und Verhaftungen an einigen Orten zu spontanen Bücherverbrennungen.

Nach dem 10. Mai 1933 folgten dann überwiegend Bücherverbrennungen, welche durch die „Aktion wider des undeutschen Geistes“ inspiriert wurden.

Dabei kam es zu Einzelaktionen, zum Beispiel bei Sonnenwendfeiern und ähnlichen Anlässen aber auch zu zentralen Aktionen wie zum Beispiel der „Kampfwoche gegen Schund- und Schmutzliteratur“ im Raum Baden-Württemberg.

Es lassen sich also drei Phasen der nationalsozialistischen Bücherverbrennungen erkennen.

Projekt

An kaum einem Ort gibt es heute eine sichtbare Erinnerung. Viele Menschen wissen, dass es in Deutschland Bücherverbrennungen gab, kennen jedoch oft nur die Verbrennungen im Rahmen der „Aktion wider den undeutschen Geist“ und hier wiederum meistens nur die festliche Verbrennung auf dem Bebelplatz in Berlin. Der Großteil der über 160 Verbrennungen ist der Allgemeinheit kaum bekannt. Zwar gibt es viele wissenschaftliche Forschungen und einige Publikationen zu dem Thema jedoch wenig Bekanntheit darüber hinaus.

Aus diesem Grund hat sich das Projekt „Verbrannte Orte“ zum Ziel gesetzt, diese Orte zu dokumentieren und mit geschichtlichen Erläuterungen und Erinnerungen von ZeitzeugInnen darzustellen. Wie sehen diese Orte 80 Jahre nach den Bücherverbrennungen aus? Was passiert dort heute und betrachten wir diese Orte anders, wenn wir wissen was dort passiert ist?

Das Schwimmbad, in dem ich als Kind war befindet sich an der Stelle einer Bücherverbrennung.“

Der Marktplatz, auf dem ich jeden Sonntag einkaufen gehe, war der Ort einer Bücherverbrennung.“

Die Apotheke an der Ecke war früher eine sozialistische Buchhandlung nach einer Plünderung fand vor ihr eine Bücherverbrennung statt.“

Auf der Internetseite „verbrannte-orte.de“ soll im Laufe der Zeit ein Atlas entstehen. Interaktive Panoramen ermöglichen den Besuchern, sich den “Verbrannten Orten” zu nähern. Großformataufnahmen rücken ausgewählte Perspektiven ins Blickfeld und Hintergrundtexte bieten eine inhaltliche Auseinandersetzung. Dort wo es vorhanden ist, macht zusätzliches historisches Material Geschichte erlebbar.

Als Beispiel der späteren Form aller Orte im Atlas dient z.B. Schwerin. Hier sind alle genannten Facetten der Darstellung vorhanden. Allein die Zeitzeugenberichte fehlen.

Das Projekt soll Unsichtbares sichtbar machen und damit eine für alle zugängliche Informationsplattform zu den Orten der Bücherverbrennungen schaffen. Es soll Sorge tragen, dass diese Orte nicht weiter in Vergessenheit geraten.

Auszüger aus der Bisherigen Projektgeschichte

Am 29. Januar 2013 startete die Crowdfunding Kampagne für das Projekt „Verbrannte Orte“.

Innerhalb von 40 Tagen kamen 3385 Euro für die Anschubfinanzierung des Projektes zusammen. Viele Menschen unterstützten das Projekt. Zahlreiche Kontakte entstanden und es gab ein großes Presseecho. Neben Interviews bei verschiedenen Radios, z.b. Deutschlandradio, gab es auch einen Fernsehbeitrag beim NDR.

Im April 2013 folgte die erste Fototour durch Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Neben dem Fotografieren standen einige Vorträge, auf Einladung lokaler Initiativen, auf dem Programm.

Im Mai 2013 folgte dann eine kleine Ausstellung mit den ersten Panoramen im Rahmen der „Kulturellen Landpartie“ im Wendland. Auch der NDR Bericht und eine Schwerpunktseite zum 10.Mai 1933 in der Tageszeitung „neues deutschland“ erschienen in dieser Zeit.

Am 3. Januar 2014 wurde die Testversion des Onlineatlas freigeschaltet, 10 Plätze der Bücherverbrennungen sind bisher vertreten.

Im Laufe des Jahres 2014 kam es zu einigen technischen Veränderungen und Funktionserweiterungen des Projektes. So ist eine Schnittstelle eingebaut worden um die Daten mit anderen Projekten zu teilen, auch die Möglichkeit der Übersetzung des Atlas ist nun gegeben.

Im Januar 2015 ging das Projekt in die Trägerschaft des gemeinnützigen Vereins „Kommunikationszentrum Meuchefitz e.V.“. Damit ist das Bestehen und die Finanzierung des Betriebes des Atlas gesichert. Darüber hinaus besteht nun die Möglichkeit Förderanträge zu stellen um das Projekt weiter zu entwickeln und mit Inhalten zu füllen.